„Ja aber nur weil Du…“ ist ein Satz, der in Konflikten häufig genug fällt. „Weil Du“ sind zwei kleine Worte, die mit Sicherheit schon einmal Jede*r benutzt hat. Zwei kleine Worte, die ein Hinweis darauf sein können: Hier gibt es einen Konflikt und jetzt wird abgerechnet! Doch wie können wir im Familienbetrieb Schlammschlachten vermeiden und wieder konstruktive Gespräche miteinander führen?
Was sind innere Konten?
Wenn wir die Worte „weil Du“ benutzen, dann deutet das darauf hin, dass wir dabei unser „inneres Konto“ im Hinterkopf haben. Das sogenannte „innere Konto“ ist dabei eine Liste, die wir in unserem Kopf über die
(Nicht-)Taten der anderen führen. Hat mein Partner heute den Müll rausgebracht? Hat mein Sohn die Garage aufgeräumt? Letztens beim Familienessen hat mein Vater laut vor Allen gesagt, ich sei noch nicht bereit für die Hofübergabe…
Was passiert mit den inneren Konten im Konflikt?
Wenn es dann zum Streit kommt, dann holen wir in unserem Kopf diese Liste hervor und knallen uns die aufgelisteten „Schandtaten“ um die Ohren. Gerne auch als Rechtfertigung: „Ich hab den Müll ja nur nicht rausgebracht, WEIL DU mich gestern den ganzen Abend ignoriert hast!“. Das Ganze kann dann schnell eine rasante Eigendynamik bekommen. Es werden mehr und mehr Punkte von den Listen hervorgekramt, nicht selten werden alte Verletzungen getriggert und an ein konstruktives Gespräch ist nicht mehr zu denken. Dabei müssten doch so viele wichtige Themen miteinander geklärt werden… Wie also kann mit diesen inneren Konten besser umgegangen werden?
Zunächst einmal ist es wichtig zu wissen, dass es auf unseren inneren Konten nicht nur „Schandtaten“ verbucht werden, sondern auch Einzahlungen erfolgen können 😊 Nur leider ist in der Regel mehr als eine Einzahlung nötig, um eine „Abhebung“ auszugleichen. Das heißt, dass selbst, wenn ich nicht in einem Konflikt stecke und den Müll nicht rausbringe, ein dahingemurmeltes „Sorry“ nicht ausreicht, um einen Ausgleich zu schaffen. Aufrichtige Entschuldigungen, kontinuierlicher Kontakt und gegenseitige Unterstützung im Alltag sorgen hingegen für regelmäßige „Einzahlungen“ und sind somit eine gute Vorbeugung von Konflikten.
Das "Familienkonto" und das "Betriebskonto"
Noch komplizierter wird das Ganze in einem Familienbetrieb dadurch, dass es unterschiedliche Arten von inneren Konten in den Köpfen gibt. Und zwar ein „Familienkonto“ und ein „Betriebskonto“. Abhebungen auf dem einen Konto können nur selten mit Einzahlungen auf dem anderen Konto verrechnet werden. So kam das Thema innere Konten im Rahmen einer Mediation zur Sprache. Der Sohn zählte auf, wie er sich in den letzten Jahren für den Betrieb eingesetzt hatte und fragte verzweifelt: „Was soll ich denn noch alles machen, damit ihr mir vertraut?“ Die Antwort lag nicht in weiteren Einzahlungen auf das „Betriebskonto“, sondern in Einzahlungen auf das „Familienkonto“: Mit konstruktiven Gesprächen und der Teilnahme am gemeinsamen sonntäglichen Familienessen konnten die gegenseitigen Vorbehalte nach und nach abgebaut werden.
Wie beendest Du die Schlammschlacht?
Was kannst Du also konkret tun, wenn in einem Konflikt die „Abrechnung“ beginnt und die inneren Konten geöffnet werden?
- Steig aus dem Teufelskreis aus und antworte nicht mit „weil Du“! Atme stattdessen tief durch. Wenn es nicht anders geht, erkläre dass Du eine kurze Pause brauchst, um dich zu beruhigen. Verabredet aber wann ihr wieder zum Gespräch zusammenkommt.
- Schreib Dir einmal auf, was auf Deinem inneren Konto alles verbucht ist, und betrachte die Liste. Gibt es ein Muster? Gibt es wiederkehrende Situationen? Wie geht es Dir damit? Was steckt vielleicht dahinter? Was brauchst Du von Deinem Gegenüber stattdessen? Welche Punkte auf der Liste gehören auf das „Familienkonto“ und welche auf das „Betriebskonto“? Achtung: Diese Liste ist nicht dazu gedacht, dem Anderen noch besser die einzelnen Punkte an den Kopf zu knallen! Vielmehr geht es darum, dass Du für Dich herausfindest, was Deine echten Bedürfnisse sind.
- Halte inne und mache Dir kurz klar, dass auch Deine Gegenüber wahrscheinlich eine lange Liste in seinem Kopf mit sich herumträgt. Und das auch hinter den Punkten seiner Liste alte Verletzungen und berechtigte Bedürfnisse stecken.
- Suche dann das Gespräch und benenne Deine Interessen. Frage nach den Interessen Deines Gegenübers.
- Auch wenn Konfliktgespräche unangenehm sind: Bleibt dran und versucht, die Liste nicht wieder länger werden zu lassen.
- Falls die Gespräche trotzdem noch eskalieren: Holt Euch Unterstützung von außen. Eine Mediatorin oder ein Moderator kann die Gespräche leiten und bei der Aufarbeitung helfen.
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